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Akustik Basics und welche Fehler Ihr vermeiden solltet! Teil 1

Da Akustik ein Thema ist, das normal in mehreren Lehrbüchern ab 700 Seiten behandelt wird, wird dieser Artikel keine vollständige Abhandlung. Ich möchte hier einmal die für mich subjektiv wichtigsten Punkte zusammenfassen und Euch sagen, welche Fehler Ihr unbedingt vermeiden solltet. Ich habe da bereits ein wenig Lehrgeld bezahlt und es wäre super, wenn Ihr es nicht tun müsstet.

Fehler – Noppenschaum und Eierpappen
Ich weiß gar nicht wieso, aber das erste, an das man, wenn man „Ich will etwas für meine Akustik tun“ denkt, sind Noppenschaum und Eierpappen als günstiges Mittel. Der Effekt ist aber schlecht bis nicht vorhanden. Wieso werdet Ihr noch in diesem Artikel erfahren. Es ist komplette Geldverschwendung. Bitte, bitte lasst also die Finger davon.

Was Ihr auf jeden Fall wissen solltet

Es gibt 3 Faktoren, die wir beeinflussen wollen:

  1. Den Frequenzverlauf der Lautsprecher in Bezug auf die Abhörposition.
  2. Die Erstreflektionen (early- reflections) an der Abhörposition.
  3. Den Frequenzverlauf und die Länge des Nachhalls (RT-60).

Meine amateurhafte Definition von Akustik ist, wie sich der Raum auf die Entwicklung des Schalles und der einzelnen Frequenzen auswirkt.
Um das in der Basis zu verstehen, kommen wir nicht um ein wenig Schulphysik herum. Ich werde es aber so einfach wie möglich halten.

Stehende Wellen
Wir stellen uns vor, eine Schallwelle in einem Raum ist wie ein großes Gummiband, das wir quer durch den Raum spannen. (Wir erfüllen alle Gegebenheiten, dass es im Raum schwingt). Dann würde es in der einfachsten Form Knotenpunkte an den Wänden bilden, etwa wie bei einem Springseil. Das bedeutet, dass der Ton, den wir hören können, in der Mitte am lautesten ist und er wird leiser, um so näher wir zur Wand hin kommen. An der Wand wo der Knotenpunkt sitzt verschwindet der Ton in der Theorie komplett. Problematisch wird es jetzt für unsere Abhörposition, wenn wir die Frequenz verdoppeln. Dann haben wir nämlich einen neuen Knotenpunkt in der Mitte und die „Bäuche“ bei jeweils 1/4 des Raumes.

X Knoten
O Bauch

(0/4) (1/4) (2/4) (3/4) (4/4)
X O X O X

Haben wir also unsere Abhörposition bei etwa 2/4 des Raumes, dann hören wir den Ton in dieser Frequenz nicht.
Das wäre jetzt erst einmal relativ simpel, wenn es nicht für jede Frequenz gelten würde, die ein Vielfaches unserer Grundfrequenz ist. Dazu gilt sie noch für alle 3 Wand- zu Wandverbindungen, also Decke/ Boden, Seite/ Seite und Länge/ Länge, sowie zu den Tangenten. Je nach Kombination gibt dieses eine massive Vernetzung aus stehenden Wellen im Raum, die den Frequenzgang beeinflussen. Berechnen und visualisieren kann man die Raummoden mit folgendem Tool: https://trikustik.at/raummoden-rechner/

Das Ganze bedeutet jetzt aber auch, dass der Frequenzverlauf abhängig von der Position der Lautsprecher und vor allem unserer Position im Raum ist. Ideal ist es also einen Punkt zu finden, an dem die Moden möglichst wenig Einfluss haben. Das wäre in der Theorie bei ca 38% der Länge. http://arqen.com/acoustics-101/room-setup-speaker-placement/
Aber in der Praxis sieht es doch oft anders aus und man muss sich durchprobieren. Eine gute Anleitung dafür gibt es bei Jesco von Acousticinsider: https://www.acousticsinsider.com/fixing-low-end-without-knowing-acoustics/

Der Klang des Raumes

Der Klang eines Raumes besteht aus zwei Komponenten, den Erstreflektionen und dem Nachhall. Beim Mischen wollen wir aber möglichst viel vom Direktsignal hören, ohne dass der Raum darauf Einfluss nimmt.
Das Direktsignal ist dass Signal, das vom Lautsprecher direkt zum Ohr geht und es sollte möglichst alleine wahrgenommen werden können.

In meiner Definition sind die Erstreflektionen die 1. -2 Reflektion eines Signals. Es geht also aus dem Lautsprecher gegen die Wand und dann direkt ins Ohr. Die Erstreflektionen sind in größeren Räumen als einzelne Echos zu orten. In kleinen Räumen hören wir diese nicht einzeln.
Anschließend folgt die Hallfahne des Raumes, also der Restschall, der sich über mehrere Ecken im Raum verteilt hat.
Ziel unserer Maßnahmen ist es, die Erstreflektion so gut wie möglich zu dämpfen und die Länge der Hallfahne klein zu halten. Für Abhörräume definiert man normalerweise ein RT-60, die Dauer der Absenkung des Nachhalls um 60 db von etwa 300ms.

Um die Erstreflektion zu behandeln, sollten wir an allen direkten Reflektionspunkten breitbandig absorbieren. Zu den verschiedenen Absorptionstypen später mehr. Den Punkt findet Ihr am einfachsten mit dem Spiegeltrick. Ihr sitzt in Eurer Abhörposition und bittet einen Helfer, einen Spiegel an die Wand zu halten. Die Punkte, an denen Ihr eine oder mehrere Boxen sehen könnt, sind Eure Absorptionspunkte. Das gilt für die Front-, Seiten und Rückwände, sowie die Decke. Am Boden ist es normalerweise nicht möglich etwas zu tun. Gerne reflektieren auch PC-Monitore und Tische, also seid Euch diesen Umstands bewusst. Wenn man eine Linie zwischen den beiden Lautsprechern zieht, sollten die PC-Monitore vom Abhörpunkt gesehen, hinter dieser Linie stehen. Reflektionen des Tisches kann man normal nicht behandeln oder nur, in dem man den Tisch anwinkelt. Das ist in den meisten Heimstudios jedoch unpraktikabel.

Akustikmessungen

Natürlich können wir viele der bereits genannten Faktoren nicht mit dem Gehör bestimmen, sondern müssen diese messen, um ein wirkliches Bild zu bekommen.
Theoretisch braucht Ihr für die ersten Messungen nicht einmal ein Messmikrofon, sondern Ihr könnt einfach ein möglichst lineares Mikro aus Eurer Sammlung nehmen. Am besten mit Kugel- Charakteristik.
Eine wirklich gute Messsoftware ist der kostenlose Room EQ Wizard: https://www.roomeqwizard.com/
Hier habt Ihr alle Tools, die Ihr brauchen werdet, die Frequenzkurve des Direktsignals, die Impulseresponse, ein Diagramm zur Hallzeit und das Wasserfalldiagramm, dass eine Kombination aus allen Faktoren darstellt.
Es würde den Rahmen sprengen, wenn ich das Programm erklären müsste. Hierzu gibt es genug Infos bei Google.
Grob erklärt stellt Ihr das Mikrofon in Eurer Abhörposition auf, verbindet alles mit Eurem Interface, wählt die richtigen Audio-Treiber und Kanäle in der Software und pegelt diese korrekt ein. Dann kann die Messung losgehen, Ihr drückt auf Start und geht aus dem Weg. Das Programm misst den Raum mittels Sinus Sweeps. Also einem Sinuston dessen Frequenz ansteigt und einmal das komplette eingestellte Spektrum abdeckt.
Die Grafiken zu lesen ist anfangs ein wenig kniffelig, aber in Teil 2 werde ich darauf noch etwas näher eingehen.

Teil 2

Das war es erst einmal für Teil 1. Im zweiten Teil, werde ich mit Beispielen kommen, wie Ihr Euren Raum sinnvoll behandeln könnt und wie Ihr Eure Messungen interpretiert.



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